Dancer in the Dark

 

 

 

Schauspiel Stuttgart und Stuttgarter Ballett - NORD Grosse Bühne

Dancer in the Dark


Premiere 28. November 2012

von Patrick Ellsworth
nach dem gleichnamigen Film von Lars von Trier

 

Selma, Fabrikarbeiterin und alleinerziehende Mutter, leidet an einer unheilbaren Krankheit: einer unerbittlich voranschreitenden Erblindung. Und nicht nur das – auch ihr Sohn Gene wird unweigerlich blind werden, wenn es Selma nicht gelingt, das nötige Geld für eine Operation aufzutreiben.
Diesem Ziel ordnet Selma ihr ganzes Leben unter: Sie schuftet bis zur Selbstaufgabe, spart jeden Cent und träumt sich, wenn alles über ihr zusammenzubrechen droht, in die rosarote Welt der Musicals, in denen „nie etwas Schreckliches geschieht“. Das ist ihr Trost.
Bis der Polizist Bill sie in seine Nöte einweiht: Bill braucht Geld, weil er den Lebensstil seiner Frau nicht mehr bezahlen kann. Selmas Ersparnisse kämen ihm da gerade recht. Aber Selma ist nicht bereit, Genes Zukunft aufs Spiel zu setzen. Sie ahnt dabei nicht, welchen Preis sie für ihre Konsequenz zahlen muss. Lars von Triers vielfach preisgekrönter Film wird in Stuttgart in einer ungewöhnlichen Version zu sehen sein. TänzerInnen des Stuttgarter Balletts und SchauspielerInnen des Schauspiel Stuttgart tanzen und spielen gemeinsam Selmas bewegende Geschichte von Hingabe und Opferbereitschaft.


Regie - Christian Brey
Choreografie - Marco Goecke & Louis Stiens 
Bühne, Kostüme, Video - Anette Hachmann & Elisa Limberg

Musik - Matthias Klein

Licht - Udo Haberland

Dramaturgie - Beate Seidel

Tanzdramaturgische Begleitung - Esther Dreesen-Schaback

 

Mit 

Ute Hannig, Dorothea Arnold, Lilly Marie Tschörtner, Markus Lerch, Dino Scandariato, Claudius von Stolzmann, Michael Stiller, Marco Albrecht, Rainer Philippi, Alessandro Giaquinto, Angelina Zuccarini und Tänzern des Stuttgarter Balletts

 

Die Deutsche Bühne Claudia Bass, 29.11.2012

"Konnte das gut gehen, Lars von Triers unter die Haut gehenden Film „Dancer in the Dark“ auf die Bühne zu bringen? Es ging gut, sehr gut sogar. (…)

Allein steht Ute Hannig als Selma für einige Momente auf der schwarzen, spiegelnden Spielfläche, ihre zur Seite gestreckten und abgewinkelten Arme hängen nach unten, während der fröhliche Swingsound des Jazzklassikers „Sing, sing, sing“ das Wummern der Maschinenmusik untergräbt. Zwischen der silbrig schimmernden Wand aus Schnürvorhängen, an denen unten kleinen Mikrofone baumeln, kommen die Tänzer auf die Bühne, umgeben die Schauspielerin in zwei Gruppen. Sie greifen die Armhaltung Hannigs auf, bevor ihre Körper sich in mal zappeligen, mal langsamen Bewegungen winden. (...)

Hinter der puristisch-dunklen Schönheit des Tanzes lauert bei Goecke und Stiens Existenziell-Menschliches. Die zappelnden, sich kurios verdrehenden Tänzerkörper erzählen von inneren Beschädigungen, aber auch von Zartheit, Lebensfreude und Widerstand. (…)

Eingebunden in eine so puristisch-abstrakte wie an frappierenden Bildeffekten reiche Gesamtästhetik aus Bühne, Kostümen und Video (Anette Hachmann/Elisa Limberg), Musik (Mattias Klein) und Licht (Udo Haberland) bewirken auf der Theaterbühne die unmittelbare Präsenz von Schauspiel und Tanz, dass die Geschichte von Selma den Zuschauer ins Herz trifft."

 

Stuttgarter Zeitung Tim Schleider, 30.11.2012 

"„Dancer in the Dark“ – eine Performance von existenzieller Wucht

(…) alle Voraberwartungen seiner Welt hat der Zuschauer dieser Stuttgarter Produktion nach wenigen Augenblicken vergessen – im wahrsten Sinne des Wortes: Eine grell aufleuchtende Scheinwerferfront löscht alle Bilder aus dem Kurzzeitspeicher seiner Netzhaut. Aus dem tiefsten Nichts, das so entsteht, tritt auf der Bühne langsam eine bizarre Kunstwelt hervor, in der unzählige kleine Mikrofone an Strippen vom Himmel hängen und in der unsichtbare Lichter eine kalte, enge Welt der Schatten und Schraffuren erschaffen. (…)

Denn dass Schauspieler und Tänzer hier vereint sind in einer Performance von existenzieller Wucht, das vermittelt sich doch eben fern aller Filmvorlagen und kraft eigener künstlerischer Potenz. Ein finales Aufblitzen der Scheinwerfer löscht wieder alle Bilder auf der Netzhaut der Zuschauer – und lässt sie zumindest am Premierenabend lange mit dem Beifall zögern. Ja, was haben wir da gesehen? Welche Geschichte wurde uns da erzählt? Schauspiel- und Ballettfreunde, aus ihren Sehritualen gerissen und eine produktive Weile lang mal nur sich selbst überlassen. Theater. Kunst. Eine Wahrheit, vielleicht zum Greifen nah. Brey. Stiens. Goecke. Vieles sprach dagegen. Ein Trotzdem. Und wer so wagt, der gewinnt."

 

tanznetz Rolf Wollgarten, 02.12.2012

" (…) “Dancer in the Dark“ ist Lichtmetaphorik. Genial umgesetzt in der Stuttgarter Produktion in der Art eines Foto-Negativs von Anette Hachmann, Elisa Limberg, Udo Haberland. Den Beginn und das Ende der Aufführung markiert eine den Bühnenrand umlaufende Batterie von grell aufleuchtenden, den Zuschauer blendenden Spotlights. Hier wird also der Zuschauer in jene Dark-Lage versetzt, in der sich Selma für die Außenwelt befindet. So getriggert, kann sich der innere Blick des Betrachters auf das hell erleuchtete Bühnengeschehen fokussieren und konzentrieren, das jenem inneren Auge der Selma entspricht. (…)"

 

Kultiversum

" (...) Geblendet, schließt der Zuschauer erst einmal die Augen. Kaum dass er sie wieder öffnet, sieht er sich konfrontiert mit einer anderen Welt. Die Bühne ist eingedunkelt, der Boden spiegelglatt. Von hinten fällt das Licht wie gefiltert auf unzählige Silberkabel, an denen Myriaden von Mikrofonen hängen. Vielfach geschichtet, wirkt die Installation von Anette Hachmann und Elisa Limberg wie ein Vorhang, der den Raum dahinter zwar immer noch erahnen lässt, zugleich aber wie eine Art Projektionsfläche funktioniert, auf der zwischendurch immer wieder Schatten der Erinnerung tanzen. (...)"

 

nachtkritik Verena Großkreutz

"Ein Himmel voller Kabel

Die Bühne ist schwarz und leergeräumt. Von der Decke baumelt an langen Kabeln ein Himmel voller Mikrofone – Reminiszenz an Selmas Traum vom Musicalstar-Dasein. Später denkt man an Gitterstäbe und an den Strang, der Selmas Leben beenden wird. (...)"