Verwandlung
Kafkas "Die Verwandlung" ist die wohl berühmteste Erzählung über Entfremdung, Anpassung und den Wunsch, gesehen zu werden.
Sie birgt die Frage in sich: Was passiert mit denen, die nicht mehr ins System passen?
Burhan Qurbani, bekannt für seine filmischen
Überschreibungen von u. a. "Berlin Alexanderplatz" und "Kein Tier. So
Wild", überträgt Kafkas Erzählung in eine Gegenwart, in der Zugehörigkeit neu
verhandelt werden muss. Vier Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven begegnen sich auf geheimnisvolle Weise – als hätte das Schicksal sie zusammengeführt. Ihre Erfahrungen spiegeln sich: die
Angst vor Ausgrenzung, das Ringen um Identität in einer sogenannten pluralistischen Gesellschaft, die Frage nach Anpassung und Selbstbehauptung.
Doch was, wenn nicht Gregor Samsa, sondern die Welt sich verwandelt hat?
Qurbanis Stück entfaltet aus Kafkas Motiv der Verwandlung ein vielstimmiges Echo auf unsere Gegenwart – auf die Menschen, die um Sichtbarkeit kämpfen, die sich behaupten müssen in einer Welt, die
sie immer schon zum Scheitern verurteilt hat.
MIT
SANDRA FLUBACHER
SINAN GÜLEÇ
CAMILL JAMMAL
CENNET RÜYA Voß
REGIE
BURHAN QURBANI
BÜHNEN- UND KOSTÜMBILD
ELISA LIMBERG
MUSIK
CAMILL JAMMAL
DRAMATURGIE
ELVIN İLHAN
Nachtkritik.de, Katrin Ullmann
"Fürs Thalia Theater hat der Filmregisseur Burhan Qurbani Kafkas "Verwandlung" überschrieben zu einem Theatertext, in dem Behördendeutsche und Heimatlose in einem kalten schwarzen Bühnenbild aufeinandertreffen. Das fühlt sich erschreckend heutig an.
(...) Die Szenen, die Qurbani aus dieser Dokumentar-Poesie erschafft, sind Skizzen. Sie zeigen flüchtige Zustände die in- und wieder auseinander fließen, oft unterlegt von ungutem Surren oder kratzenden Streichern (Musik: Camill Jammal). Es sind fahrige Begegnungen von Suchenden und Traumatisierten, von Behördendeutschen und Heimatlosen, von Helfenden, Vaterlosen und Enttäuschten. Von solchen, die die Nacht durchtanzen, und welchen, die aus unruhigen Träumen erwachen. Selbstredend ist die Bühne ziemlich ungemütlich: Schwarz verkohlte Überreste eines Hauses hat Elisa Limberg darauf verteilt – sofort denkt man an Brandanschläge. Zwischen Sofa, Tisch und Stühlen reckt sich ein ungesundes Gebilde, ein wucherndes Geschwür, wie dichter, ewiger Rauch zur Bühnendecke."